(Achtung, dieser Bericht wurde am 25. Juni bei Freunden in Südschottland verfasst. Näheres dazu s. Vorbemerkung im Beitrag davor.)
Auch 2024 „schneite“ ich nach der Nordirland-Irlandrundfahrt (s. Tour 2024) ganz zufällig zum Sommersonnenwende/Mittsommerfest wieder auf der Farm in Helen‘s Bay ein.
Damals verzichtete ich auf den Ring of Kerry und gewann dadurch drei Zusatztage. Diesmal umrundete ich Schottland – wie beschrieben – „zufällig“ schneller und konnte wieder gar für 4 Tage nach Nordirland „einschneien“.
2024 bat mich der erkrankte Gitarrist Shawn, ihn beim Fest zu vertreten. So kam ich überhaupt dazu, am Fest teilzunehmen.
Diesmal war Shawn gesund, ich selber hatte aber gerade die Erkältung von Bunessan überwunden und schonte mich für das mögliche Treffen mit den Schülern/Kollegen der Steiner School Holywood am Montag(23.06.).
Zwar spielte ich morgens für Adrian (s.Selfie im Beitrag über die Farm), der selber Gitarre spielt, hier auf der Farm 7 Jahre lang gearbeitet und die Farm an diesem Wochenende besuchte einige Lieder. Bemerkte dabei aber, dass ich noch Erholung brauche.
Ich durfte also diesmal stiller Beobachter des Festes sein.
Ich nahm, nur für meinen Eigenbedarf, durchaus akustische Aufnahmen improvisierter professioneller irischer Musik auf. Mein Beitrag hier verzichtet diesmal aber ganz auf Bilder oder Videos.
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Heute wachte ich genau um 4:41 Uhr deutscher Zeit auf. Zufällig.
Und genau um 4:42 Uhr stand die Sonne am höchsten Punkt des Jahres. Es war Sommerbeginn für die nördliche Hemisphäre.
Das Mittsommerfest, oder Sommer – Sonnenwende – Fest verlief dieses Mal völlig anders als vor einem Jahr: Es begann später, es verlief ohne Tanz, es kamen und blieben die ganze Zeit über etwa 20-30 Besucher im geschätzten Alter von fünf bis „gut achtzig“ Jahren. Ich hatte schon davor in meinem Sessel Platz genommen und konnte die ganze Zeit über meine Thermoskanne gefüllt mit heißem schwarzen Tee mit Zitronensaft genießen und stiller Zuschauer sein.
Joe, Der Organisator des Festes, erkannte mich wieder, und wir tauschen uns lange aus.
Graham, ein Multiinstrumentalist und Sänger, der mich vom letzten Jahr kannte (ich ihn aber noch nicht) kam auf mich zu. Er sprach fließend Deutsch, ist Wissenschaftler, Glaziologe, war früher über mehrere Jahre mit einem Lehrauftrag an der Uni in Innsbruck tätig und sollte heute zusammen mit Shawn für die Musik sorgen.
Ganz zufällig waren seine beiden Söhne an früheren Schüleraustauschen mit unserer Bochumer Schule beteiligt. Ganz zufällig waren Linda und Jan ihr Mann mit finnischen Wurzeln, Gastgeber seiner Söhne. Und ganz zufällig habe ich Linda vor etwa drei Jahrzehnten bei ihrer Jahresarbeit zum Abschluss der 12. Klasse an unserer Schule betreut.
Thema ihrer Abschlussarbeit damals „Das Mundharmonikaspiel“. Wie klein doch die Welt ist!
Graham ist wieder in Hollywood zurück und hier musikalisch mit seiner Frau zusammen besonders engagiert.
Viele der Festteilnehmer erkannte ich heute wieder, und sie erinnerten sich auch an mich.
Irgendwann begann ganz leise, typische irische Volksmusik zu erklingen. Ich genoss es, Dudelsack Gitarrenspiel, Thin Whistle, und andere Flöten, Fiedel, Trommeln, Klanginstrumente, herrlichen Gesang, auf einander eingehende Improvisationen, das sonnige Wetter, den Garten, das Fest wieder mitzuerleben. Es war traumhaft, es war magisch.
Zwischendurch (und vor Beginn des Festes) berichtete ich Joe ganz leise von meinen Erfahrungen in Schottland in den letzten Wochen und von den Treffen mit gälisch sprechenden Menschen auf Skye und Mull, den Inseln der Inneren Hebriden die ich per Rad durchstreifte und auch von den Kletterpartien in den Middel- und den Westhighlands und – natürlich auch – von der Geschichte des Liedes „Morning Has Broken“ mit dem herrlichen Text von Eleanor Farjeon, welches ich letztes Jahr als erstes Lied beim Schulbesuch den Kindern der Steiner School vorstellte.
Gegen Ende des heutigen Festes machte ich ihm den Vorschlag, für alle Besucher A-Cappella, die Jahrhundertealte Version des Weihnachtsliedes aus Bunessan „Leanabh an áigh“, den meisten als Sommerlied „Morning Has Broken“ von Cat Stevens mit dem englischen Text von 1929 bekannt, als Form eines symbolischen Dankes hier zweimal am Sommerfest teilgenommen zu haben, für alle auf Gälisch vorzutragen.
Das ist dann auch geschehen. Joe leitete meinen Vortrag ein und las den direkt aus dem Gälischen von Gälisch sprechenden Menschen inhaltlich ins Englische übersetzten Weihnachtstext an meiner statt vor. Ich selber sprach danach darüber, wie ich von „Morning Has Broken“ zur meiner Reise auf die inneren Hebriden kam und zu den Treffen mit Menschen dort.
Und ich sang dann das Lied. Es „schneite“ somit zu Mittsommer das Weihnachtslied „Leanabh an áigh“ über Portree und Bun Essain (mit meiner Beteiligung) von den Inneren Hebriden in Nordschottland kommend in die Organicfarm in Helen’s Bay bei Holywood/Nordirland ein…
“Leanabh an áigh“ wurde mit großem Dank, viel Freude und langanhaltendem Applaus entgegengenommen…
Auch wenn dieses Fest ganz anders verlaufen, einen ganz anderen Charakter hatte (die Rahmenbedingungen hingegen, dass es etwas zu essen und zu trinken gab, dass kein Alkohol getrunken wurde, dass die jüngsten und ältesten Teilnehmer geschätzt zwischen fünf und „gut achtzig“ Jahre alt waren, blieben): Dieses Mittsommerfest dürfte jedem der dabei war, für immer in schöner Erinnerung bleiben.