Eyjólfsstaðir — Fáskrúðsfjörður (101 km)

Eyjólfsstaðir — Fáskrúðsfjörður (101 km) 7. August 2021 Marsollek Etappe 32, Übernachtung 38   Am Vorabend. Vollgepackt, es kann losgehen. Zelt „morgennass“.   Berufjörður Start um 5.15 Uhr. Windstill. Der Himmel zugezogen. Unten am Berufjörður ebenfalls windstill. Was hatte ich hier für einen Gegenwind vor fünf Jahren! Neuer Asphalt. Vor fünf Jahren gab es hier noch eine löchrige , lange Schotterpiste: Damals das einzige noch nicht mit Malbik/Asphalt versehene Stück des Ringleden/der Ringstraße. Nach 10 km begann es zu tröpfeln. Zehn Kilometer lang. Etwa 10 Kilometer vor Breiðdalsvík – ich hatte den STILLEN Berufjörður längst hinter mir, kam Gegenwind auf. DIE GELEGENHEIT, eine Frühstückspause einzulegen, Adventure-Expeditions-Food zu testen und, vor allem, das „morgentaunasse“ Zelt zu trocknen. Obwohl ich heute eventuell bis ins beim Start knapp 140 km entfernte Egilsstaðir radeln wollte, keine Eile. Die Gegend war zu schön. Links der Straße steile Zinnen in denen Sturmvögel brüteten und dominant ihre Luftrunden zogen, rechts landwirtschaftlich genutzte Flächen, sogar einzelne GETREIDEFELDER (Gerste/Hafer) machte ich aus der Ferne aus. Außerdem: Island wird verkabelt, ganz massiv! Im Prinzip einen Großteil meiner Strecke – außerhalb an meiner „lohnenswerten Umwege“ – begleiten mich riesige Kabeltrommeln und abgestellte Baufahrzeuge mit allem dazugehörigen Kram. Manchmal wird gearbeitet. Aber noch nicht so früh am Morgen. Nicht besonders schön anzusehen, aber wichtig. Auch damit und weil ich diesmal, ganz anders als vor 5 Jahren, meine Beschreibungen relativ aktuell veröffentlichen kann und nach der Reise nicht mehr viel werde ändern müssen.   Nach nur einer Stunde im Wind von klitschnass zu komplett trocken.   Durch die Teppiche vollreifer Krähenbeeren an meinem einstündigen Rastplatz habe ich meine ADVENTURE-FOOD-TÜTCHEN jeweils mit zwei Handvoll davon und ganz ohne Lebensmittelchemie entscheidend weiterentwickelt. Ganz im Sinne des Spruches, den ich von meinem Zahnarzt Norbert Zipser (z.Zt. In Norwegen) habe (HERZLICHE GRÜSSE AUS ISLAND): „UND MAN ENTWICKELTE DEN POWER-RIEGEL IMMER WEITER…, bis er wieder zur Banane wurde…!“? Es geht weiter. Ein Radler kommt mir entgegen. „Where do you come fr…”, da erkenne ich ihn wieder, es ist Günther, den ich in Selfoss traf und der wegen des schlechten Wetters den Bus nach Akureyri nehmen wollte, während ich die sagenhaften Kilometer mit Extremgegenwind nach Geysir abspulte und danach, ohne Gepäck anderthalb Stunden für die etwa 9 Kilometer nach Gullfoss benötigte (zurück nur 17 Minuten). „Ja, das Wetter sei besser geworden, seit Akureyri habe es gar nicht mehr geregnet“, meint Günther. Er sei aber schon seit anderthalb Jahren nicht mehr richtig in Form und der Anstieg von Egilstaðir aus gestern sei mörderisch gewesen. „Nein, regnen würde es heute nicht“, meint er, „typisches Islandwetter halt“. Der Arme wird später sicherlich (wie ich nur kurz) noch sehr viel Regen auf seiner Strecke abbekommen haben. Eine Stunde später kommt mir eine Radlerin entgegen. “Where do you come from”? “Actually from Fáskrúðsfjörður.” Als ich meine Frage präzisiere, erfahre ich von Sarah im reinen Highlanddialekt, dass sie aus Schottland sei, jetzt auf dem Weg nach Keflavík unterwegs ist und genau wie ich damals, vor fünf Jahren erstmals Island per Rad umrundete. Damals von Seyðisfjörður kommend, über die Faröer. Wie ich dieses Mal. Krass! Respekt!!!   Blickfang in Stöðvarfjörður   „Verhangener“ Blick auf Andoy, die Enteninsel“. Irgendwie glaubte ich, vor 5 Jahren in Reyðarfjörður Station gemacht zu haben und wollte inzwischen nur noch bis dort hinradeln. Zwar wollte ich samstags Proviant „bunkern“, das aber hätte trotz der dreitägigen „Romance“ mit dem Platz in Eyjólfsstaðir und dem „Beheimaten“ mit Ort, Fjord, Fluss und Umgebung auch noch paar Tage später sein können. Nanu, die Strecke kommt mir bekannt wellig vor, wieder Hinweise auf Islandpferde, die Biegung um den Fjord herum, DER CAMPINGPLATZ! Da wird mir plötzlich und augenblicklich klar (es beginnt gerade zu tröpfeln), dass ich, wie 2016 am Kleinstcampingplatz in FÁSKRÚÐSFJÖRÐUR gelandet bin, vor dem 5 oder 6 km langen Tunnel Richtung Egilsstadir. Nach der Biegung, dem „radelnden Übersetzen auf die andere Fjordseite“ sehe ich, was ich im Rücken hatte und was sich nun zum Fjordende nähert: Eine dunkle Regenfront. Keine Frage, alles ist inzwischen trocken, also Taschen, Jacken, Zelt: Hier bleibe ich! Zwei Wohnwagen sind schon da, mein Platz ist schnell gefunden, Zelt aufgestellt, Innenraum eingerichtet, Gepäck trocken im Außenzelt verstaut. Der Regen begann, ich wollte zum Supermarkt der (auch nach Empfindung von mir befragter Einheimischer) unheimlich blöd versteckt lag. Nach einigem Nachfragen fand ich ihn, selber von außen inzwischen klitschnass geworden. Zurück am Platz ist alles schnell verstaut, die Regensachen im Außenzelt. 101 Kilometer geradelt. Immerhin. Drei Stunden Dauerregen – gut fürs Schreiben -, dann klart es auf. Ich kann kochen, opulent essen und, tatsächlich, Gitarre spielen, für inzwischen fünf belegte Plätze. Scheinbar ohne Resonanz. Die Isländer grillen unterm Vordach, die anderen Gäste bleiben regenverstört drinnen. Einen nach oben gehobenen Daumen sehe ich beim Verstauen der Gitarre. Aus einem deutschen Campingmobil. Von den Isländern erfuhr ich das später abends noch jemand käme, um die Zeltgebühr zu kassieren.   Später abends: Die Sprachüberraschung am mir bekannten Campingplatz: Andrzej mit Sohn Dominik aus Wejcherowo bei Gdańsk, seit 11 Jahren in Island. Lehrer in Fáskrúðsfjörður. Als dies geschah, unterhalte ich mich mit dem Mann, der seinen Sohn dabei hat. Ich erzähle, dass ich meine zweite Tour hier mache, zeige ihm die Karte. Er ist fassungslos, wo ich überall hingelangt bin usw. Er fragt mich, als er erfährt, dass ich Deutscher bin, wo ich Isländisch gelernt habe und ob ich hier wohne. Nach kurzer Erklärung sage ich ihm, dass ich mich in vielen Sprachen verständigen könnte. „Auch auf Polnisch?“, fragt mein gegenüber. „Já“, antworte ich und wechsle die Sprache. Welche Überraschung: Andrzej und Dominik, einer seiner drei Söhne sind nach Island eingewanderte Polen. Andrzej unterrichtet inzwischen sogar als Lehrer an der hiesigen Schule. Den Job hier am Platz macht er ehrenamtlich und alle Einnahmen werden gesammelt, um seinen Schülern eine Klassenfahrt nach Holland zu ermöglichen. Wir verabschieden uns herzlich – die Welt ist klein… Ich schreibe noch etwas, morgen kann ich ausschlafen, habe ja trotz des „mörderischen“ Bergpasses vor Egilsstaðir nur etwas über 50 km vor mir. Und „Bergpässisch“…, kann ich auch;-)…
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