EXPEDITION QUALITY/ADVENTURE FOOD/EXPEDITION BREAKFAST/EXPEDITIONSFRÜHSTÜCK: (ADVENTURE FOOD TEIL II)

EXPEDITION QUALITY/ADVENTURE FOOD/EXPEDITION BREAKFAST/EXPEDITIONSFRÜHSTÜCK: (ADVENTURE FOOD TEIL II)

Lebenserfahrungen prägen jedermann zwangsläufig.

Im Nachhinein ist man (hoffentlich) klüger. Im Nachhinein urteilt man (hoffentlich) milder.

Im Nachinein wird man(hoffentlich) toleranter und lässt auch Anderen die Möglichkeit, eigene Lebenserfahrungen oder Fehler zu machen und aus selbigen, vielleicht, Konsequenzen für den eigenen Lebensentwurf folgen zu lassen.

Folgen diese nicht, so ist das auch etwas, was man (hoffentlich) zu akzeptieren bereit ist. Jedermann hat grundsätzlich das Recht auf sein eigenes Dasein samt aller Konsequenzen…

Meine Frau und ich waren 1979 erstmalig in Dänemark. 1980 erstmalig in Finnland. 1981 bereisten wir mit einem Opel Kadett, Karstadtzelt und bestimmt 70-90 Konservendosen mit Ravioli, Gulasch etc. im Kofferraum (Norwegen soll ja so wahnsinnig teuer sein!) Norwegen bis zum Inarisee, Schweden und Finnland. Wir besuchten finnische Freunde vom Vorjahr. Diese damals geknüpften Freundschaften bestehen zum Teil bis heute. Am 15. September 1981 kauften wir uns eine Getreidemühle und stellten unsere Ernährung komplett um, aßen kein Fleisch mehr, buken etwa 3 Jahre lang eigenes Vollkornbrot (bestimmt 20-30 Sorten) bis Biobäckereien mit zufriedenstellendem Angebot allgemein Fuß fassten.

Von den 90 Konservendosen der „Lapplandexpedition“ von 1981 kehrten bestimmt zwei Drittel wieder nach Bochum zurück, weil wir uns schnell an allem sattgegessen hatten und lieber doch Lokalspezialitäten an Ort und Stelle wählten. Möglicherweise führte auch diese „Extrem-Erfahrung“ zur Ernährungsumstellung schon einen Monat nach dieser Adventure-Tour?… Als Lehrer bereiste ich mit meinen eigenen Klassen und mit den Klassen mancher Kollegen per Rad vielfach Deutschland und die Niederlande. In besonderer Erinnerung blieb mir die dreiwöchige Abschlussfahrt meiner damaligen 8. Klasse 1995 mit Rad von den Zittauer Bergen an der polnisch-tschechischen Grenze über die Ober- und Niederlausitz zum Spreewald, wo wir in der Gegend um Bautzen obersorbische Freunde besuchten, die wir durch die sensationelle Aufführung unseres Klassenspiels, des „Bochumer Krabat“ in Zusammenarbeit mit dem Obersorbischen Nationalensemble und Einstudierung jahrhundertealter obersorbischer Lieder und Tänze am Obersorbischen Gymnasium in Bautzen und dem Niedersorbischen Gymnasium in Cottbus im März 1995 kennengelernt hatten.

Die besondere Erinnerung blieb auch deswegen präsent, weil sich damals meine Großklasse (35 Schüler) drei Tage vor Reiseantritt entschloss auf die campingübliche Kost zu verzichten und sich nur nach Rezepten aus den zwei von meiner Frau und mir verfassten vegetarischen Kochbüchern (s. Im Blog „zur Person“) zu ernähren, die damals praktisch in jedem Schulelternhaushalt der Rudolf Steiner Schule Bochum die Runde machten.

Man bedenke: 14-Jährige, die zwar ihren Lehrer nach 8 Jahren langsam „satt“ hatten, aber nicht „seine“ Rezepte während einer dreiwöchigen Adventure-Outdoor-Zelttour durch Ostdeutschland kurz nach der Wiedervereinigung. Kann es mehr Anerkennung geben??? ZÄSUR! Als ich 2006 meine erste „Singletour“ per Rad startete, die 3000 km von Oslo bis Kirkenes an der russischen Grenze „In 18 Nächten zur Mitternachtssonne“  (Buchtitel), habe ich mich natürlich mit den neuesten Errungenschaften der Lebensmittelchemie hinsichtlich „EXPEDITION-FOOD“ kundig gemacht und entsprechend versorgt. Wenngleich das vegetarische Angebot damals recht übersichtlich war…

(Bis zur Atomkatastrophe von Tschernobyl haben wir auch zwei Jahre lang keinen Fisch mehr gegessen. Seitdem essen wir aber selbstgefangenen Fisch im Urlaub oder bei Freunden.  Und ich selber esse  bei Inlinerwettkämpfen der Vergangenheit oder Eisschnelllaufmeisterschaften der Gegenwart Fisch als Kompromiss. Weltweit.

Bei meiner gegenwärtigen Tour kaue ich beim Radeln zum Beispiel als wirkliche Proteinquelle (84%) regelmäßig mitgeführten Trockenfisch (wie Kaugummi, welches ich aber verabscheue). Hier in Island ist Trockenfisch wie Kartoffelchips als Snack überall zu bekommen.

DANKE, liebe holländische Freunde der EXPEDITIONSNAHRUNG. Euch „verdanke“ ich die Zusatzarbeit an diesen beiden bald abgeschlossenen Sonderkapiteln! Aber auch die Freude, mich ganz unerwartet wieder einmal mit dem Thema Ernährung auseinandersetzen zu können. Neun der geschenkten Packungen habe ich inzwischen konsumiert. Ein Vanille Dessert ist für meine Frau zuhause reserviert.

Aus „In 18 Nächten zur Mitternachtssonne“ von 2006 hier nur eine Geschichte passend zum Thema: Ich „landete“ damals nach gut 200 Radlerkilometern am wunderbaren kleinen Campingplatz an einem blauen Fjord gelegen. Fußballweltmeisterschaft, Deutschland spielte später im Viertelfinale gegen Argentinien und gewann: „Ja, ja, ich könne mir überall einen Platz fürs Zelt suchen. Der Bauer, der gerade mit seinem Trecker unterwegs ist, käme abends vorbei und kassierte die Kleine Platzgebühr“, sagte  mir freundlich zulächelnd eine Deutsche aus ihrer Hütte mit Wohnwagen heraus, die hier offenbar schon länger zu Gast und gerade mit Kochen beschäftigt war.

Mein Hilleberg AKTO stand in 2 Minuten, die selbstaufblasbare ThermaRest-Matte, die ich gegenwärtig immer noch benutze, wurde ins Zelt geworfen.“, der norwegische Anquilag-Schlafsack (ausgemustert, aber bei der ersten Island-Tour dabei) ausgebreitet, mein Wasser in Minutenschnelle auf dem Primus Multifuel (auch 2021 im Gepäck) erhitzt: Tüte auf, 0,8l auf die 200g Pilzgerichtvariante kippen, schließen, 8 Minuten warten, essen..., alles fast wie bei den Tütchen, die ich neulich von den Niederländern geschenkt bekam.

Der Nachteil: Es war schon die dritte von 5 Tüten, EXPEDITION-FOOD, die ich ausprobiert hatte. Und wieder war es irgendeine optimal abgestimmte, nahrhafte, geschmacklose graue Pampe, von der ich beim besten Willen nur die Hälfte schaffte. Aber ich hatte ja noch fast einen Liter mit Schlagsahne von mir auf 10% Fetgehalt getrimmte Vollmilch mit und  ein Drittel norwegisches Helkorn-Kneippbrot, belegt mit 1 cm Butter, 5 mm Käse und 5 mm Butter. Alles verschwand. Ich war ÜBER ALLES GESÄTTIGT! Im nächsten Augenblick öffnete sich die „deutsche Hüttentür“ und die freundliche Dame von vor einer halben Stunde kam mit einer riesigen, herrlichen Fischplatte, Butterkartoffeln und Salat heraus, um mich zu verköstigen: „Mein Mann und ich haben uns gedacht, Sie müssten hungrig sein, nach der langen Tour. Und von dem selbstgefangenen Fisch ist noch soviel übriggeblieben. Und da…“ Ich hätte losheulen können vor Rührung. Und es bewegt mich heute immer noch, da ich dies hier schreibe. Aber damals hätte ich auch beim besten Willen keinen Bissen mehr verschlucken können. Und auf die Idee mir alles einpacken zu lassen, kam ich Idiot damals nicht!!! Ich erklärte bloß, ich hätte schon gegessen, sei absolut satt und präsentierte ihr entschuldigend meine auch damals schon fast perfekte Ausrüstung. Auch zeigte ich die noch halb gefüllte EXPEDITION-FOOD-Tüte mit dem unansehnlichem, geschmackbegrenzten Inhalt.

„Tja, was es heute schon so alles gibt“, sagte die Frau nur staunend und zog mit ihrem abgelehnten Geschenk enttäuscht ab…

Die Bewertung der Adventure-Food-Packungen von 2021 ist nachfolgend schnell gemacht: Es sind allesamt neueste Errungenschaften kommerzieller Lebensmittelchemie. Allesamt durchaus schmackhaft zurechtgemixt. Müslis, Expedition Breakfast und Desserts sind für mich allerdings allesamt auch viel zu süß. Bei meiner Art zu reisen sind sie allerdings nicht optimal, weil ich ein Vielfaches mehr an Energie benötige, als zum Gasgeben, „Daumenmuskeltraining“ beim iPhone-Füttern oder Zeltaufbauen erforderlich. 62 g Dessert-Inhalt in einer vielleicht ebenso schweren Plastiktüte, aufgefüllt mit 120 ml kalten Wassers: ein katastrophaler CO2-Abdruck. Meine eigenen Mischungen an Nüssen etc. finde ich hier überall in Supermärkten. Was ich sonst an Proviant benötige – obwohl ich viel transportiere – besorge ich mir lieber auf andere, mir gewohnte erprobte Weise.

Genial hingegen ist die „Erscheinung“ aller Adventure-Food-Päckchen , wie sie die Werbung seit Ewigkeiten und immer noch auf uns zu streuen versucht (Hierzu passte jetzt auch die Lektüre von Teil I meiner Ausführungen von vor ein paar Tagen zu den „Schlagwörtern“ der Zeit wie ANTIZIPIEREN, MENTALITÄT, DER DÜMMSTE BAUER usw.): In 12 Sprachen wird alles mit Schlagwörtern dynamischer Aktivität angepriesen (schön übrigens, dass das hochangepriesene ADVENTURE FOOD – EXPEDITION BREAKFAST auf Finnisch einfach nur „vaeltajan aamiainen“ – „Wanderfrühstück“ heißt, während in fast allen anderen Sprachen ACTIVITY-SUPERLATIVE bemüht werden.

Wenigstens auf diese Weise bekommen die Käufer durch die Piktogramme Wandern, Paddeltouren, Klettern, Zelten, Rennradfahren, Jagen, Angeln, Skilaufen signalisiert, zu welcher Gruppe „Extrem-outdoor-community“ sie sich sofort zugehörig fühlen können, wenn sie ein solches Tütchen auf ihre „Traumexpedition“ mitnehmen.

Auch ich „darf“ mich jetzt also als „temporärer Konsument“ der PERFEKT ABGESTIMMTEN ADVENTURE FOOD PRODUKTE „in Reality“ dazuzählen: Schließlich blogge ich ja auch und baue regelmäßig mein Zelt auf. Ach ja, zu radeln und zu wandern – gelegentlich – das mache ich auch, seit dem 15. Juni 2021. Und bin fast immer OUTDOOR and „VERY INTENSIV“…

 

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