Ich werde während meiner reise noch des Öfteren feststellen müssen, dass Campingplätze oft geschlossen, aufgegeben, oder an der per Navi ausgewiesenen Stelle gar nicht (mehr?) existieren. Das wird mich zu immer neuen Herausforderungen und Lösungen führen. Oft aber sind auch Schutzengel dabei im Einsatz, wofür ich sehr dankbar bin, wenngleich ich sie für diesen Einsatz nicht für zuständig halte. Erwarten würde ich das niemals. Umso überraschender – scheint mir – tauchen sie (oder deren Beauftragte) auf…
Die Campingsituation ist in Britannien und Irland ganz anders, als ich es aus Skandinavien oder Island kenne. Oder in Deutschland, Frankreich, Österreich Tschechien der Slowakei letztes Jahr kennengelernt habe.
Irgendjemand öffnete in der Nacht mein Eingangstor zum viereckigen Gelände. Durch die Zaunlatten hindurch konnte man mein Zelt ja sehen.
Vielleicht wollte jemand es genauer aus der Nähe betrachten. Ich bekomme davon aber nichts mit…
Kurz vor dem Wecker, bin ich wach starte tatsächlich um 4:38 Uhr.
Zunächst geht es 40 km südlich des Laugh Naegh nach Westen. Starker Gegenwind, das Wetter ist aber eher freundlich. Ich will heute Derry erreichen, werde es aber nicht schaffen. Zum Glück komme ich nur etwa bis 40 km vor Londonderry (so heißt die Stadt eigentlich). Das Navi führt mich in eine Höhenlandschaft, die ich hier gar nicht vermutet hätte. Ich klettere beständig über kleine Wege und schraube mich hoch. Es ist anstrengend.
Zwischendurch begegne ich einem Schäfer samt Hund auf einem Quad sitzend. Und einen Riesenbagger sehe ich auch. Er versperrt mir die gesamte Asphaltfläche.
Der Arbeiter sieht mich, fährt zu Seite, ich komme durch.
Die Lenker aller Fahrzeuge, welche mir entgegenkommen, heben den Daumen, grüßen mich per Handzeichen.
Jene, welche mich überholt haben hupen kurz an und heben ebenfalls den Daumen. Sie sind fassungslos über den seltenen Gast, beziehungsweise über sein seltenes Fahrzeug. Schließlich bin ich auf etwa 300 m Höhe fast auf dem höchsten Punkt angelangt. Das Zelt aufzuschlagen ist fast überall unmöglich.
Möglich wäre das aber an einem Tor zur Weide. Ein weiterer Schäfer mit Hund grüßt mich kurz . Hier bleib ich stehen, um die Aussicht zu genießen, weil sie mich unglaublich an Egilstaðir in Island erinnert, wo Wälder wieder aufgeforstet werden. Und der Wald sowie die Landschaft auf die ich gerade blickte, sehen der isländischen zum verwechseln ähnlich.
Ob ich hier an diesem Tor, technisch ginge das, das Zelt aufschlagen dürfte?
Der Schäfer mit Hund überholt mich bergauf, ist plötzlich auf der anderen Straßenseite, etwa 500 m entfernt und einige zehn Höhenmeter über mir. Dort bearbeitet er die Schafe mit Hilfe seines Hundes .
Es ist unglaublich spannend.
Ich drehe ein kleines Video. Er tuckert zu mir zurück, die Schafe bleiben etwa 500 m entfernt.
Der Hund säuft sich, ob der getanen Arbeit, den Bauch voll an dem braunen eisenhaltigen Wasser des Rinnsals. Der Schäfer, ein Ire, den ich zunächst überhaupt nicht verstehen kann, grüßt mich nochmals.
Ich erzähle ihm von Island, von der wunderbaren Landschaft hier und frage, ob ich Wasser haben könnte und ob ich eventuell das Zelt hier aufschlagen dürfte für die Nacht, weil es so schön ist. Er bejaht meine Fragen, lädt mich aber ein, doch zu seinem Hof zu kommen und dort das Zelt aufzuschlagen. Und Wasser gäbe es da auch genug, meint er.
Ich bin überglücklich.
Nach einer kurzen Rast fahre ich zu dem noch 50 m höher gelegenen Gebäudekomplex.
Ein größerer Hund empfängt mich, knurrt etwas, nimmt sich aber zurück und ist fortan freundlich.
Ein weiterer größerer Hund in einem Geländewagen untergebracht und der kleine 15 Monate alte Schwarze begrüßen mich schon ganz freundlich.
*
Mir wurde alles gezeigt. Vieles gehört, hier nicht beschrieben zu werden, ich hatte aber alles auf dem Hof. Sogar eine Toilette fand sich. Die beiden wohnten nicht wirklich auf diesem Anwesen, sondern 15 Meilen entfernt und versorgten bloß ihre Schafe. Von außen sah alles sehr belebt aus.
Tom, ein echter Ire hätte gern „Four Green Fields“ auf der Gitarre hier in Nordirland von mir gespielt gehört, musste aber recht schnell weg.
Wenn er mit Zuhause telefonierte, verstand ich kein einziges Wort, weil’s reines Irisch war.
Ich baute mein Zelt auf und legte mich relativ früh schlafen, weil ich schon etwa gegen 4:00 Uhr starten wollte. Für später war Regen angesagt.
Es kam etwas anders.
Zur Groborientierung:
BELFAST: Die autobahnähnliche Küstenstraße (mit schmalem Radstreifen beiderseits der zweispurigen Hauptverkehrsstreifen) erreicht in nordöstlicher Richtung Holywood, streift Helen’s Bay und Bangor. In Bangor gab es zwar zwei Campingplätze, ich bevorzugte aber die Möglichkeit, auf John Mc Cormicks Organic Farm zu übernachten.
Lough Neagh: Von Holywood gelangte ich über Belfast in südöstlicher Richtung nach Lisburn, um danach westlich radelnd den südöstlichen Zipfel des größten Sees der Britischen Inseln zu erreichen.
Sperrin Mountains: Lough Neagh wurde südlich passiert. Ich gelangte über Dungannon, Cookstown in die Sperrin Mountains. Dort, 40 km vor Derry,^^ begegnete ich Tom und durfte auf seiner Farm mein Zelt aufschlagen.
Letzter Blick auf Lough Neagh
Egilstaðir(?) in den Sperrin Mountains
Egilstaðir?
Mit Tom auf seiner Farm